Der Corona-Bauch

 

Ich muss sagen, ich finde das ja sehr spannend. Also diesen Corona-Bauch. Ich kann ihn ja sehr gut nachvollziehen. Wer hat ihn im Moment nicht? Sie denken sich bestimmt: Was ist ein Corona-Bauch? Ja, genau. Das ist der Bauch, den wir jetzt alle haben, weil wir jeden Tag essen und trinken und essen und trinken, ja und dann tun wir das wieder, also essen und trinken. Weil was soll man neben der Arbeit sonst so machen? Bei so einem Lockdown hat man nicht wirklich viele Möglichkeiten. Übrigens belegen Studien bereits, dass Menschen im Homeoffice meist mehr arbeiten als sonst. Ist ja nicht einfach, zwischen Arbeit und Feierabend zu unterscheiden. Ja, und dann braucht man halt auch viel Nahrung. Speziell weil – ich weiß nicht, ob Sie das wissen – das Gehirn für seine kleine Größe unfassbar viel Energie verbraucht. Nämlich 20 bis 30 Prozent unseres täglichen Bedarfs. Das Gehirn frisst uns also faktisch auf. Gespenstisch. Also haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie denken weniger. Was irgendwie schon schwierig ist. Ich meine ganz ehrlich, das ist ja, wie wenn jemand sagt: „Denken Sie nicht an den rosa Elefanten.“ Ja, genau. Und dann soll das mit dem „Nicht Denken“ funktionieren. Das schaue ich mir an, wer das hinbekommt. Oder Sie essen und trinken einfach mehr. Klingt schon realistischer. Also einfacher umzusetzen.

Um Ihnen einen kleinen Einblick zu gewähren: Heute nach der Arbeit (mit viel Denken natürlich), wollten wir den neuen Weinshop inspizieren, den das „Bruder“ – eins unserer Lieblingslokale in Wien mit tollem Essen und ganz viel Naturwein – eröffnet hat. Sowas kann man vor uns natürlich nicht verbergen. Ja, und dann spazieren wir mal los, in Richtung Genuss, im Regen, im Winter, im Grau. Nimmt man alles in Kauf mit einem guten Ziel. Kommt dann alles anders, als man denkt. Weil nur zwei Personen im Shop erlaubt. Und zwei Personen sind schnell mal wo drinnen. Also lange draußen stehen. Aber man kriegt Proviant für zwischendurch. Erst Zitronenlikör. Und am Ende alles, was die so ansetzen. Und dann ist man eh schon ein bisschen beschwipst. Was uns natürlich nicht davon abhält, auch noch einen Karton mit Weinen vollzupacken, sobald wir es endlich reingeschafft haben. Davon hat uns noch nie etwas abgehalten. Also inspizieren wir, und probieren wir und lassen einpacken. Der Shop ist klein aber oho. Wir fühlen uns gleich pudelwohl. Auch der Platz dort ist entzückend, inmitten der Stiegengasse. Dort lässt es sich speziell im Sommer gut verweilen.

Und wissen Sie, was meine Aufmerksamkeit neben den tollen Produkten am meisten erregt hat? Der Corona-Bauch vom Verkäufer (vorher sah der anders aus, ganz sicher). Aber ich muss ja ehrlich sagen, ich bin schon sehr lieb und so, und würde nie darauf ansprechen. Aber dann sagt dieser selbst zu sich verabschiedenden Kundinnen: „Bis zum nächsten Mal. Und vielen Dank für die Kekse. Aber nur, dass ihr es wisst: Bald darf nur noch eine Person rein. Weil mein Bauch schon den ganzen Raum einnimmt.“ Ziemlich selbstreflektiert und ehrlich, muss ich sagen. Der Bursche in Bezug auf seinen nicht übersehbaren Corona-Bauch.

Ich kann mich noch erinnern, vor vielen Jahren, da war ich mit meiner Mutter in Italien. Da bin ich mit diesem Thema erstmals in Verbindung gekommen. Wir waren ganz perplex, weil all die schönen Italienerinnen ganz stolz mit einem Bäuchlein herumgerannt sind. Wir nannten den dann „Italienerinnen-Bauch“. Und fanden ihn sehr schön. Dasselbe denke ich mir jetzt auch beim Corona-Bauch. Denn mal ehrlich, Corona- oder Italienerinnen- oder was auch immer -Bauch. Am Ende bedeutet es doch nur den Sieg des Genießens über die langweilige Schritt- und Kalorienzählerei. Find ich super!

Addendum: Einen Besuch im „Bruder Markt“ kann ich wirklich sehr empfehlen. Da gibt es neben spannenden Naturweinen tolle fermentierte Produkte sowie selbst angesetzte Liköre, die sie im Restaurant normalerweise für ihre köstlichen Cocktails verwenden. Auch das Bier brauen sie selbst. Also unbedingt vorbeischauen!

https://bruder.xyz/

https://www.falstaff.at/nd/neu-in-wien-bruder-eroeffnet-shop/

 

Mehr von Theresa hier: